Illustration von Schülerinnen und Schülern in der Pause
Wie können Schülerinnen und Schüler in den Prozess der Pausengestaltung eingebunden werden?

„Am Ende sagen alle: Das hat sich gelohnt!“

Schülerinnen und Schüler in die Gestaltung von Pausenkonzepten einzubeziehen, ist ein komplexer kooperativer Prozess – und darin liegt eine große Chance und viel Wertschöpfung. Wenn eine Schulgemeinschaft alle ins Boot hole, würden vor allem Beziehungen gestärkt, betont Dr. Ahmet Derecik, der sich an der Humboldt-Universität zu Berlin mit Partizipation an Schulen beschäftigt.

  • Partizipation ist wichtig als eine Form des informellen Lernens
  • Eine gemeinsame Schulhofgestaltung schafft Identifikation
  • Die Schule als Gemeinschaft wächst stärker zusammen
AUTORIN Sabine Biskup, Redakteurin Universum Verlag | Illustrationen Adobe Stock , Vector Juice | Foto privat | DATUM 26.08.2024

Herr Dr. Derecik, partizipative Prozesse mit Schülerinnen und Schülern werden als sehr wertschöpfend betrachtet. Würden Sie sagen, dass sie auch bei der Pausengestaltung umsetzbar sind?

Absolut. Es gibt verschiedene Formen der Partizipation, je nachdem, wie wir den Begriff verstehen. Sehen wir sie als Teilhabe, zählen schon schulfachbezogene Optimierungen am Schulhof dazu, etwa wenn im Rahmen des Kunstunterrichts Wände bemalt werden. Doch es gibt noch viele weitere Möglichkeiten der Partizipation – eine Zukunftswerkstatt zum Beispiel im Rahmen von Projekttagen, wie ich sie zuletzt an einer Schule in Lübeck begleitet habe. Dort habe ich als Moderator eine kooperative Planung mit Vertretern der Schule – darunter Eltern, Lehrkräfte und Schulleitung – eingeleitet. Im Idealfall nehmen auch Menschen von der Schulbehörde, Architekten und Personen von der Unfallkasse teil.

Wenn so viele Menschen zusammenkommen, wo liegt die größte Herausforderung?

Es ist vielleicht organisatorisch auf den ersten Blick herausfordernd, aber wird ein partizipativer Prozess wie die gemeinsame Gestaltung des Schulhofs erst mal umgesetzt, ist es nur noch purer Gewinn. Alle, auch die Eltern, lernen sich untereinander kennen. Die Schülerinnen und Schüler erfahren ihre Lehrkräfte in einem anderen Kontext, finden eine neue Beziehung zueinander. Die Schulleitung muss das natürlich organisieren und alle informieren. Am besten werden nacheinander kleine Teilbereiche umgesetzt, damit die Schüler Erfolgserlebnisse haben. Doch es lohnt sich, die Schule wächst als Gemeinschaft zusammen. Meiner Erfahrung nach sagen am Ende alle immer: „Das hat sich gelohnt!“

Was sind die Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern in puncto Pausen- und Schulhofgestaltung?

Das hängt unter anderem vom Alter und Geschlecht ab. Grob kann man sagen, dass bei Kindern von der ersten bis zur vierten Klasse aufgrund ihrer Entwicklung eher Bewegungs- und Spielräume gefragt sind, zum Teil auch Ruheräume, aber die können in die Spielräume integriert werden. Bei Jugendlichen kehrt es sich um. Sie wünschen sich vor allem Rückzugs- und Kommunikationsnischen, denn in dem Alter werden Gespräche interessanter.

Illustration von Schülerinnen und Schülern bei der Pausenhofgestaltung

Was sollte eine Schule zuerst tun, wenn sie ihren Schulhof umgestalten will?

Sie sollte zunächst eine Bestandserhebung machen: Was haben wir schon auf dem Schulhof, was wollen wir zusätzlich? Ist es vielleicht möglich, das Umfeld der Schule miteinzubeziehen, beispielsweise Sportplätze oder Jugendräume? Hier stellt sich natürlich sofort die Aufsichtsfrage. Nach der Bestandsaufnahme würde ich mit der kooperativen Planung beginnen, indem man Ressourcen bündelt. Auf jeden Fall sollte der Sachkostenträger involviert werden.

Was sollte bei der Umgestaltung in Sachen Sicherheit beachtet werden?

Ich rate dazu, auch den zuständigen Unfallversicherungsträger von vornherein mit ins Boot zu holen. So lässt sich schnell klären, was geht und was nicht geht.

Wie würden Sie die Vorteile von partizipativen Prozessen zusammenfassen?

Zuallererst ist hier das informelle Lernen zu nennen – im Gegensatz zum eher fachlich ausgerichteten Unterricht. Außerdem stärkt es das Selbstvertrauen von Schülerinnen und Schülern, wenn sie einbezogen werden und mitgestalten können. Weitere positive Effekte sind weniger Vandalismus und mehr Identifikation mit dem schulischen Raum – denn ich möchte nichts beschädigen, was ich mit meinen eigenen Händen geschaffen habe. Außerdem wächst durch den Prozess, dass alle gemeinsam etwas aufbauen, die Schulgemeinschaft zusammen, das Schulklima verbessert sich und nicht zuletzt entsteht für die Schule durch ihre Verschönerung eine Vorzeigefunktion, sowohl für die Kommune als auch hinsichtlich anderer Schulen. Die werden dann vielleicht inspiriert und sagen: „Das möchten wir auch!“

Illustration von Schülerinnen und Schülern im Schulgarten

Portrait Dr. Ahmet Derecik

Dr. Ahmet Derecik ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Sportdidaktik und Unterrichtsforschung der Humboldt-Universität zu Berlin. Er lehrt und forscht zu Themen wie Planung und Analyse von Sportunterricht, Demokratieerziehung und Partizipation, Gestaltung von Schulhöfen sowie Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule.