Von aktiv bis entspannt
Gute Pausen müssen individuell gestaltet werden können. Die eine sehnt sich nach Ruhe und Rückzug, der andere entspannt sich bei Sport oder Heavy Metal. Wie unterschiedlichen Bedürfnissen begegnet werden kann, zeigt die Adolf-Reichwein-Schule in Nürnberg.
- Vielfältige Pausenangebote fördern gutes Lernen
- Ruhezonen, Austauschmöglichkeiten und Bewegungsangebote für alle
- Neu gestaltetes Lehrerzimmer vereint unterschiedliche Funktionen
„Seit unser Lehrerzimmer neu gestaltet wurde, halte ich mich hier wirklich sehr gerne auf. Ich kann konzentriert arbeiten, treffe aber auch meine Kolleginnen und Kollegen und wir trinken in entspannter Atmosphäre einen Kaffee oder Tee und reden“, erklärt Lehrerin Alexandra Karanovic. Das klappte ihrer Meinung nach in den alten Räumlichkeiten nicht so gut, es sei viel zu laut und hektisch gewesen. Sie sitzt an einem der fünf Bildschirmarbeitsplätze, die in einem vom eigentlichen Lehrerzimmer abgetrennten Raum eingerichtet wurden. Alles hier ist hell, freundlich – und vor allem ruhig. Die Lehrkräfte an der Adolf-Reichwein-Schule in Nürnberg sind mehr als zufrieden mit ihrem neuen Aufenthaltsraum, der nur ein Baustein auf dem Weg zu einer besseren Pausengestaltung war.
„Vor der Renovierung 2022 sah es hier genauso aus wie in vielen anderen Lehrerzimmern in Deutschland: ein großer Tisch in der Mitte, vollgepackt mit Materialien und Klassenarbeiten, drum herum sitzend oder stehend die Kolleginnen und Kollegen, meistens in Gespräche vertieft, eine insgesamt unruhige und laute Atmosphäre“, erklärt Andreas Lange, zweiter stellvertretender Schulleiter der bayerischen Ganztagsrealschule. Eine Möglichkeit, mal in Ruhe zu arbeiten oder ausspannen zu können? Fehlanzeige.
Erst mal die Bedürfnisse abfragen
Dabei sind „richtige“ Pausen gerade für Lehrkräfte, die an ihrem Arbeitsplatz so vielen unterschiedlichen Anforderungen ausgesetzt sind, überaus wichtig –besonders im gebundenen Ganztag. „Wir sind alle bis spät nachmittags hier und wollten unbedingt individuellere Möglichkeiten haben, unsere unterrichtsfreie Zeit zu gestalten“, fasst Lange die Stimmung im Kollegium vor der Renovierung zusammen. Also setzten sich einige Kolleginnen und Kollegenzusammen, organisierten einen Workshop, in dem die unterschiedlichen Bedürfnisse abgefragt und gesammelt wurden, und entwarfen gemeinsam mit einem Architekten ein schlüssiges Konzept. Dazu gehörten unter anderem zwei voneinander abgetrennte Aufenthaltsbereiche im Lehrerzimmer, ein eigener ausreichend großer abschließbarer Schrank mit zusätzlich einem offenen Fach für jede Lehrkraft und eine schöne Sitzecke.
Ein extra Ruheraum nur für Lehrkräfte
Und wer es ganz ruhig mag, kann in das sogenannte „Silentium“ gehen. Das ist ein Raum recht weit ab vom Lehrerzimmer, Zutritt haben ausschließlich Lehrkräfte. Sofort fällt dort die große Couch ins Auge, auf der man sich auch mal ausstrecken und die Augen schließen kann. Aber vor allem gibt es hier vier höhenverstellbare Bildschirmarbeitsplätze und ergonomische Büroarbeitsstühle. Lautes Reden soll möglichst vermieden werden. „Das klappt auch gut, denn wer hierherkommt, der will sich konzentrieren oder ausruhen. Alle Möbel habe ich übrigens für wenige Hundert Euro im Netz ersteigert“, erklärt Petra Weidhaas, die Leiterin des Schulsozialarbeiterteams, stolz. „Schulen haben ja immer begrenzte Budgets, da lohnt es sich umso mehr, auch mal ungewöhnliche und erfinderische Wege einzuschlagen“, meint sie lächelnd.
Ruhe oder Action?
Da aber die Bedürfnisse der Menschen in ihren Pausen sehr individuell und unterschiedlich sind, gibt es an der Adolf-Reichwein-Schule für die Lehrkräfte nicht nur Ruhe- und Arbeitsräume, sondern auch Bewegungsangebote wie Yoga. Alle zwei Wochen lädt die Lehrerin und ausgebildete Yogalehrerin Peggy Räbel ihre Kolleginnen und Kollegen dazu ein. „Das findet während der normalen Unterrichtszeit statt, es kommen alle, die dann gerade Zeit und Interesse haben“, erklärt sie.
Dieses beliebte Angebot findet im hellen und ausreichend großen Musikraum statt – und nein, es kämen nicht nur Frauen, betont Andreas Lange zwinkernd, der selbst im Kreise anderer Yogabegeisterter regelmäßig den Baum, den Krieger, die Kobra und den herabschauenden Hund übt. Überhaupt fällt der offene und ausgesprochen herzliche Umgang miteinander im Kollegium auf. „Wir unternehmen viel zusammen, haben ein eigenes Partyteam, gehen regelmäßig kegeln, jedes Jahr auf den Christkindlmarkt, kochen zusammen und singen gemeinsam Karaoke. Gerade Letzteres schweißt extrem zusammen“, sagt der stellvertretende Schulleiter lachend.
Auch die Schülerinnen und Schüler kommen nicht zu kurz
Das gesundheitsfördernde Pausenangebot der Realschule schließt natürlich auch ihre Schülerinnen und Schüler mit ein. Die Zehntklässlerinnen und -klässler finden vor allem das nach ihnen benannte Café10 toll. Im Zimmer der Schulsozialarbeit dürfen sie – und nur sie – in jeder großen Pause Kaffee, Tee oder Wasser trinken, sich unterhalten, Karten spielen und sich mit Fragen oder Problemen auch mal direkt an die immer anwesenden Schulsozialarbeiterinnen wenden.
„Das passiert vor allem vor der großen Abschlussprüfung der 10. Klassen“, erklärt Petra Weidhaas, die heute das Café10 betreut. „Da spüre ich den Druck, der auf den jungen Menschen lastet, und versuche ihnen zu helfen und Mut zu machen.“ Für die Schulsozialarbeiterin ist ein weiterer Baustein für eine gesunde Psychohygiene das gemeinsame Mittagessen von Schulpersonal, Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern. „Wir kapseln uns nicht ab, sondern verbringen viel Zeit mit unseren Kindern und Jugendlichen. Das schafft Vertrauen. Sie wissen, dass sie mit allen Problemen zu uns kommen können.“
Karten spielen, Rumtoben oder Chillen
Und was machen die Schülerinnen und Schüler noch so während ihrer Pausen? Wer sich zurückziehen will und es eher ruhig mag, der kann die täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnete Bibliothek besuchen. „Das Angebot schätzen vor allem Kinder der 5. und 6. Klassen und manchmal die Zehntklässler, vor allem vor Klassenarbeiten oder der wichtigen Abschlussprüfung“, erklärte Andreas Lange. Hier kann man in Ruhe lesen, recherchieren und lernen. Emily und Sarah, beide in der 10. Klasse, gehen in ihren Pausen aber auch gern an der frischen Luft spazieren, während ihr Klassenkamerad Theo das Café10 bevorzugt und dort mit seinen Freunden Uno spielt. „Das entspannt mich“, sagt er.
Die meisten Schülerinnen und Schülern zieht es aber nach draußen auf den Schulhof. Dort sorgen eine Bewegungskiste mit unterschiedlichen Spielen, der beliebte und stets umlagerte Basketballkorb und die große Kletterwand für unterschiedliche Bewegungsangebote. Dazu Andreas Lange, der selbst Sportlehrer ist: „Wir wissen, wie wichtig es für die Kinder ist, sich in ihren Pausen austoben und bewegen zu können. Der Schulhof ist eigentlich immer voll und am beliebtesten sind die Klassiker Fußball, Basketball und die Kletterwand.“
Und wer es in seiner Pause so richtig laut haben will, der geht in den Proberaum der Schulband – entweder um selbst in die Saiten zu greifen oder Schlagzeug zu spielen oder um sich einfach mal ordentlich die Ohren volldröhnen zu lassen und sich davon zu überzeugen, dass an dieser Schule in den Pausen unglaublich viel los ist, und zwar für jeden Geschmack und jede Befindlichkeit. „Ja, Pause können wir gut – aber natürlich auch viele andere Sachen“, fasst Andreas Lange augenzwinkernd zusammen und wendet sich der Mensa und seinem verdienten Mittagessen zu.
Die Adolf-Reichwein-Schule Nürnberg ist eine staatlich genehmigte Ganztagsrealschule in freier Trägerschaft. Sie wurde mehrfach als „Gute gesunde Schule Bayern“ zertifiziert.
Mehr Informationen unter: www.arsnbg.de